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Abmahnungen der Wild Beauty AG durch Winterstein Rechtsanwälte wegen Verletzung von Marken „Paul Mitchell“

Mir wurden mehrere Abmahnungen der Wild Beauty AG aus Seeheim-Jugenheim als „Generalimporteur und exklusiver Distributor für die Produkte der Firma John Paul Mitchell Systems“ durch Winterstein Rechtsanwälte wegen Verletzung von Marken „Paul Mitchell“ vorgelegt. In den Abmahnungen wird konkret Bezug genommen auf die „Europäische Gemeinschaftsmarke „Paul Mitchell (HABM-Registernummer 000076018) mit Priorität vom 01.04.1996, sowie der deutschen Wortmarke „Paul Mitchell“ (DPMA-Registernummer 1090707) mit Priorität vom 25.06.1985.“

 I. Abmahnungen der Wild Beauty AG durch Winterstein Rechtsanwälte wegen Verletzung von Marken „Paul Mitchell“

In den mir vorliegenden Abmahnungen heißt es weiter, die Wild Beauty AG unterhalte ein „streng überwachtes Vertriebsnetz“ mit „Frisersalon-Exklusivität“ und sie akzeptiere als Kunden „ausschliesslich die Betreiber von niedergelassenen Friseursalons“. Paul Mitchell Produkte sollen danach „nicht im Großhandel, Versandhandel, in Drogerien, Parfümerien und reinen Shops vertrieben werden.“ Ferner mache die Wild Beauty AG konkrete Vorgaben, wie die Friseursalons beschaffen sein müssten, wenn sie in deren Vertriebsnetz aufgenommen werden wollten.

In den mir vorliegenden Abmahnungen wird meinen Mandantschaften dann vorgeworfen, dass sie unter einem ebay-Verkäuferaccount „eine gut sortierte Auswahl an verschiedenen Haarpflegeprodukte unter der Bezeichnung Paul Mitchell anbieten und vertreiben, obwohl sie nicht zum Vertriebsnetz“ der Wild Beauty AG gehörten.

Unter Berufung auf Art. 9 Abs. 1, 2 GMVO § 14 Abs. 2 S. 1 MarkenG wird weiter ausgeführt: „Wer die Marke Zustimmung des Markeninhabers auf Waren und im geschäftlichen Verkehr benutzt, für welche die Marke Schutz genießet, verletzt (…) die Markenrechte des Rechteinhabers und handelt rechtswidrig.“
Es sei „irrelevant“, ob es sich bei den angebotenen Produkten um Originalprodukte der Marke Paul Mitchell handele. Der „Vertrieb von Markenware in Deutschland (sei) nur dann statthaft, wenn die Waren unmittelbar durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gelangt“ seien. Sog. markenrechtliche Erschöpfung sei nicht gegeben und meine Mandantschaften verfehlten sämtliche qualitativen Voraussetzungen für die Gestattung des Vertriebs von Haarpflegeprodukte der Marke Paul Mitchell, wird dann in der Abmahnung weiter vertreten. Der Europäische Gerichtshof habe klargestellt, dass der Vertrieb von Markenware unter Verletzung qualitativer Vertriebskriterien als Markenrechtsverletzung anzusehen sei, heisst es sodann in den mir vorliegenden Abmahnungen unter Berufung auf das EuGH-Urteil vom 23.04.2009, Az. C-59/08 – DIOR.

Schliesslich wird ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gefordert, weiterhin Auskunft und Schadensersatz sowie Kostenerstattung für die Inanspruchnahme der Rechtsanwälte Winterstein aus einem Gegenstandswert von € 100.000,00 in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr, mithin € 1.953,90 zuzüglich Post/Telekommunikationspauschale und Testkaufkosten. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass das Unterlassungsinteresse der Wild Beauty AG erheblich sei und bei langjährig und intensiv genutzten Kennzeichenrechten regelmäßig Gegenstandswerte von bis zu € 300.000,00 gerechtfertigt seien.

Letztlich wird noch behauptet, die Wild Beauty AG verteidige ihre Markenrechte „fortwährend und unnachgiebig“ und als Beleg „beispielhaft“ auf 2 in Kopie beigelegte einstweilige Verfügungen aus dem Jahr 2010 hingewiesen. In beiden Fällen seien die Gerichte der Wild Beauty AG „vollumfänglich in der Argumentation gefolgt und haben den Vertrieb von Paul Mitchell-Produkten unter Verstoß gegen die von“ der Wild Beauty AG „aufgestellten Kriterien verboten“ wird dann in den mir vorliegenden Abmahnungen ausgeführt.

II. Was ist von den Abmahnungen zu halten ?

Insoweit kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an.

Generelle Aussagen die für alle Sachverhalte gelten kann es daher in derartigen markenrechtlichen Sachverhalten nicht geben. Nicht zuletzt wegen der hohen Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzstreitwerte sollte jeder Fall umgehend zur Prüfung an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz gegeben werden.

In den mir vorliegenden Fällen boten sich einige Anknüpfungspunkte, die den Abmahnungen entgegengesetzt werden konnten, wobei im Mittelpunkt die Frage steht, ob sog. markenrechtliche Erschöpfung im Sinne von § 24 MarkenG eingetreten ist oder nicht.

Die angesprochenen in den von mir bearbeiteten Fällen vorgelegten zwei Beschlussverfügungen aus 2010 sind ohne mündliche Verhandlung ergangen und enthalten naturgemäß auch keine Begründung. Es ist also mindestens unklar, ob die Gerichte der Argumentation fehlender Erschöpfung der Wild Beauty AG gefolgt sind bzw. gefolgt wären hätte es dort Verhandlungen in der Sache gegeben. Man kann sich zudem fragen, warum die Wild Beauty AG, wenn sie ihre Markenrechte „fortwährend und unnachgiebig“ verteidigt dann als Beleg „beispielhaft“ wenig aussagekräftige Beschlussverfügungen aus dem Jahr 2010 vorlegt.

An dieser Stelle können jedoch nur einige der ggf. entscheidungsrelevanten Fragestellungen aufgegriffen werden. Danach kann es kann zwar nicht generell ausgeschlossen werden, dass der Verkauf von Prestigewaren (Liegen solche im konkreten Fall vor ?) durch Lizenznehmer an Dritte, die nicht dem jeweiligen selektiven Vertriebsnetz (Liegt ein solches im konkreten Fall vor ?) angehören, die Qualität dieser Waren selbst beeinträchtigt, so dass in diesem Fall eine Vertragsklausel, die diesen Verkauf untersagt, als in den Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 2 der Markenrechtsrichtlinie fallend angesehen werden muss und dann ggf. auch eine markenrechtliche Erschöpfung ausscheiden würde. Dies ist aber eine Frage des Einzelfalls und der nationalen Gerichte und in den mir vorliegenden Fällen meiner Ansicht nach alles andere als sicher. Stellt das nationale Gericht fest, dass der Verkauf durch den Lizenznehmer an einen Dritten nicht geeignet ist, die Qualität der mit der Marke versehenen Prestigewaren in Frage zu stellen, so dass das Inverkehrbringen dieser Waren als mit der Zustimmung des Inhabers der Marke erfolgt angesehen werden muss, ist es Sache des Gerichts, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob das Ansehen der Marke dadurch geschädigt wird, dass der Dritte die mit der Marke versehenen Waren unter Verwendung der in seiner Branche üblichen Vertriebsformen weiterverkauft. Im jeweiligen Einzelfall ist also konkret zu prüfen und abzuschätzen, ob markenrechtliche Erschöpfung eingetreten ist oder nicht, was letztlich vorbehaltlich einer außergerichtlichen Einigung Gerichte zu entscheiden hätten. Dabei wäre ggf. u.a. zu klären, ob die Wild Beauty AG ein „streng überwachtes Vertriebsnetz“ unterhält, ob unter Berücksichtigung der konkreten Umstände die luxuriöse Ausstrahlung von Prestigewaren geschädigt und damit ihre Qualität beeinträchtigt wurde und/oder ob eine Rufschädigungdurch den konkret beanstandeten Vertrieb zu bejahen ist. Nur für letzteres käme es auf den Zeitpunkt und die Umstände des Weitervertriebs an und nicht nur auf den Erstvertrieb.

III. Wie sollten Abgemahnte reagieren ?

Wichtig ist, dass die gesetzten Fristen eingehalten werden.

Bei einem Unterlassungsstreitwert von € 100.000,00 beträgt das Kostenrisiko bei einer einstweiligen Verfügung zum Beispiel regelmäßig mindestens € 12.068,46 zzgl. MwSt., vgl. http://rvgflex.pentos.com/. Noch nicht darin enthalten sind die Abmahnkosten und etwaiger Schadensersatz. Daher sollte direkt nach Erhalt einer solchen Abmahnung ein Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz hinzugezogen werden um „Waffengleichheit“ herzustellen.

Wie in allen markenrechtlichen Abmahnfällen sollte niemals die von der Gegenseite vorformulierte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung vorschnell unterschrieben werden, sondern – falls (siehe zuvor unter II.) dies im konkreten Fall anzuraten ist – lediglich eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung.

Von der Abmahnseite vorformulierte Unterlassungserklärungen sind in der Regel unnötig weit und damit nachteilig für den Abgemahnten formuliert. Man muss sich etwa für die Erfüllung eines etwaigen Unterlassungsanspruches nicht in der Unterlassungsverpflichtungserklärung zu Schadensersatz und Abmahnkostenerstattung in der von der Gegenseite bestimmten Höhe verpflichten um nur einige Beispiele zu geben. Eine Unterlassungsverpflichtung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ sollte so ebenfalls keinesfalls abgegeben werden. Verstöße dagegen hätten potentiell ruinöse Folgen, die der Unterzeichnende oft nicht überschaut. Verstöße gegen abgegebene Unterlassungserklärungen bei nicht anwaltlich beratenen Abgemahnten kommen leider immer wieder vor. Dann stehen bei einer Unterlassungsverpflichtung für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs schnell Vertragsstrafen von einigen tausend Euro pro Fall (!) im Raum. Es kann also nicht deutlich genug unterstrichen werden, dass das Thema Abgabe, Formulierung und Zeitpunkt der Abgabe einer modifizierten Unterlassungsverpflichtungserklärung unbedingt in fachanwaltliche Hände gehört, zumal nach der Rechtsprechung die Verpflichtung zur Beseitigung eines Verletzungszustands deutlich über die Verpflichtung hinausgeht bzw. hinausgehen kann, die betreffenden Angebote einfach aus seinem Account zu löschen.

Das heisst im Klartext für alle markenrechtlichen Abmahnfälle: Wenn Sie als Abgemahnter zum Beispiel lediglich die jeweils betreffenden Angebote aus Ihrem ebay/amazon/o.ä.-Account oder von der betroffenen Webseite löschen und dann eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung für die Zukunft abgeben, werden Sie regelmäßig wegen der Besonderheiten des Internets gegen die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen und ggf. horrenden Vertragsstrafeforderungen ausgesetzt sein.

Daher: Niemals eine markenrechtliche strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ohne fachanwaltliche Unterstützung abgeben !

Keinesfalls sollten Abgemahnte also auch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung selbst verändern wenn eine solche abgegeben werden soll. Wenn diese nicht rechtsgültig formuliert wird bestünde der etwaige Unterlassungsanspruch weiter und es könnte eine einstweilige Verfügung gegen den Abgemahnten ergehen – mit den eingangs genannten Verfahrenskosten für den Unterlassungsschuldner wenn diese zu Recht ergehen würde.

Für die konkrete Beratung und Vertretung im Einzelfall steht Ihnen Herr Fachanwalt Dr. Jaeschke gerne zur Verfügung.

Kompetente und schnelle Hilfe vom Fachanwalt.

Für den Erstkontakt fallen für Sie bei uns keine Kosten an.

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