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Bundesgerichtshof entscheidet im Urheberrechtsstreit um „Stuttgart 21“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Rechtsstreit zwischen einem Erben des Architekten des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der Deutschen Bahn AG die Nichtzulassungsbeschwerde des klagenden Erben zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 09.11.2011, Az.: I ZR 216/10, BeckRS 2011, 26724). Mit seiner Beschwerde hat der Kläger erreichen wollen, dass der BGH die Revision gegen das vorausgegangene Urteil des OLG Stuttgart vom 06.10.2010 zulässt und über den Fall entscheidet.

Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist nach einem Entwurf von Prof. Dipl.-Ing. Paul Bonatz aus dem Jahre 1911 gestaltet worden. Diese Gestaltung genießt noch bis Ende des Jahres 2026 Schutz durch das Urheberrecht (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers). Die im Rahmen des Infrastrukturprojekts „Stuttgart 21“ vorgelegte Planung der Deutschen Bahn AG verlangt den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage in der Schalterhalle des alten Bahnhofs. Ein Teil des Bahnhofs ist schon im Jahre 2010 abgerissen worden, wodurch der Kläger die Urheberpersönlichkeitsrechte von Paul Bonatz beeinträchtigt sieht. Mit der Klage wollte er den Wiederaufbau des Nordwest-Flügels erreichen und den Abriss des Südost-Flügels und der Treppenanlage verhindern. Das LG Stuttgart und das OLG Stuttgart haben die Klage abgewiesen, wobei keine Revision zugelassen wurde.

Der BGH hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts nun bestätigt. Es lägen keine Gründe für eine Zulassung der Revision vor.

Gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision nur zuzulassen, wenn eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Die maßgeblichen Rechtsfragen, die sich in dem Verfahren gestellt haben, hat der BGH bereits in früheren Entscheidungen geklärt:

Die von der Beschwerde als grundsätzlich erachtete Rechtsfrage, ob im Rahmen der gebotenen Abwägung der betroffenen Interessen des Urhebers einerseits und des Eigentümers andererseits den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers nach seinem Tode ein geringeres Gewicht als zu seinen Lebzeiten beigemessen werden kann, ist bereits geklärt. Der Senat hat entschieden, dass die Urheberinteressen Jahre oder Jahrzehnte nach dem Tod des Urhebers nicht notwendig dasselbe Gewicht haben wie zu seinen Lebzeiten (Urteil vom 13.10.1988, Az.:I ZR 15/87, GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsfestspiele II). Daran hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung festgehalten (Urteil vom 19.03.2008, Az.: I ZR 166/05, GRUR 2008, 984 Rn. 29 – St. Gottfried). Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keine beachtlichen Gründe für eine Überprüfung dieser Rechtsprechung dargelegt. Das Berufungsgericht konnte daher ohne Rechtsfehler berücksichtigen, dass die (postmortale) Schutzfrist des Urheberrechts von Paul Bonatz 56 Jahre nach dessen Tod bereits zu mehr als drei Vierteln abgelaufen ist.

Ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob im Rahmen der Interessenabwägung solche Planungsalternativen zu berücksichtigen sind, die für den Urheber weniger einschneidende Folgen haben. Auch diese Frage ist bereits geklärt. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass der Eigentümer eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks, der sich zu Änderungen genötigt sieht, zwar grundsätzlich eine den betroffenen Urheber in seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig berührende Lösung suchen muss. Hat er sich jedoch für eine bestimmte Planung entschieden, so geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch darum, ob dem betroffenen Urheber die geplanten Änderungen des von ihm geschaffenen Bauwerks zuzumuten sind. Ob daneben noch andere, den Urheber gegebenenfalls weniger beeinträchtigende Lösungen denkbar sind, ist hierfür nicht von entscheidender Bedeutung (BGH, Urteil vom 31.05.1974, Az.: I ZR 10/73, BGHZ 62, 331, 338 f. Schulerweiterung; GRUR 2008, 984 Rn. 39 – St. Gottfried). Der Rechtsprechung des Senats ist nicht zu entnehmen, dass diese Grundsätze nur für Bauwerke mit durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Schöpfungshöhe gelten. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist damit auch nicht festgelegt, dass die Abwägung zugunsten des Eigentümers ausgeht.

Auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Eigentümer im Rahmen der Interessenabwägung öffentliche Belange für sich reklamieren kann, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist nicht klärungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einem Werk der Baukunst im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere der Gebrauchszweck des Bauwerks zu berücksichtigen. Der Urheber eines Bauwerks weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss daher damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderung des Bauwerkes ergeben kann (BGHZ 62, 331, 335 – Schulerweiterung; BGH, GRUR 2008, 984 Rn. 38 – St. Gottfried). Danach sind öffentliche Interessen an der Veränderung eines öffentlichen Zwecken dienenden Bauwerks in die Interessenabwägung einzubeziehen, wenn diese öffentlichen Interessen zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind.

Vorinstanzen: OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2010, Az.: 4 U 106/10, GRUR-RR 2011, 56; LG Stuttgart, Urteil vom 20.05.2010. Az.: 17 O 42/10, ZUM-RD 2010, 491

Quelle: BGH, Beschluss vom 09.11.2011, Az.: I ZR 216/10, BeckRS 2011, 26724; Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 186/2011 vom 24.11.2011.

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