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EuGH-Urteil zur Verantwortung für markenverletzende Online-Werbung

I. Das Urteil des EuGH vom 03.03.2016 in der Sache C-179/15 – Daimler AG gegen Együd Garage

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einem Urteil vom 03.03.2016 (EuGH, Urteil vom 03.03.2016 – C-179/15, BeckRS 2016, 80424 – Daimler AG gegen Együd Garage Gépjárműjavító és Értékesítő Kft.) einige wichtige Fragen zur Haftung für markenbenutzende bzw. markenverletzende Online-Werbung beantwortet. Hintergrund war ein Markenrechtsstreit zwischen der Daimler AG und einer ehemals im Rahmen eines Vertrages über Kundendienstleistungen zur Markenbenutzung autorisierten Werkstatt aus Ungarn. Das sog. Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH stammt daher vom Hauptstädischen Gerichtshof Ungarn. Ich habe dieses Urteil in der Europäischen Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW 2016, 385, 388f.) ausführlich besprochen. Nachfolgend fasse ich einige wichtige Aussagen des EuGH zusammen. Der nachfolgende Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt wie immer nie die konkrete Beratung im Einzelfall.

II. Wenn eine Internetplattform eine markenverletzende Werbung eines Dritten ohne Kenntnis oder Zustimmung des werbenden Dritten übernimmt, dies dem Dritten nicht zuzurechnen

Das Vorabentscheidungsersuchen begehrt im Wesentlichen eine Klärung des Begriffs „benutzen“ einer Marke im Sinne der Markenrechtsrichtlinie. Der Begriff der Markenbenutzung findet sich auch im deutschen Markengesetz. Der Erwerb des Registermarkenschutzes gewährt vereinfacht gesagt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht diese im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Bei Verstößen Dritter bestehen u.a. Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche (§ 14 MarkenG).

Eine wichtige Klarstellung des EuGH besteht nun darin, dass er entschieden hat, dass einem Werbenden selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Werbewebseiten („Referenzierungswebsites“), mit denen der Werbende keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht im Auftrag und für Rechnung des Werbenden, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen sind. Dies bedeutet im Klartext, dass wenn eine Internetplattform eine markenverletzende Werbung eines Dritten ohne Kenntnis oder Zustimmung des werbenden Dritten übernimmt, dies dem Dritten markenrechtlich nicht zuzurechnen ist.

Der EuGH hat im Einzelnen klargestellt, dass ein Dritter keine Benutzung einer Marke vornimmt, die vom Markeninhaber verboten werden kann, wenn die betreffende Anzeige

  1. nicht von diesem Dritten online gestellt worden ist,
  2. nicht in seinem Namen online gestellt worden ist oder,
  3. falls die Anzeige von dem Dritten oder in seinem Namen mit Zustimmung des Inhabers online gestellt worden ist, wenn dieser Dritte den Betreiber der Website, bei dem er die Anzeige in Auftrag

gegeben hatte, ausdrücklich nach Wegfall der Autorisierung zur Markenbenutzung aufgefordert hat, die Anzeige oder die in ihr enthaltene Nennung der Marke zu löschen.

Klar ist also: Fremde Registermarken darf man schlicht nicht ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr für seine eigenen Waren und Dienstleistungen verwenden. Wenn aber ein anderer als der in der Anzeige genannte Dritte die Werbung ohne Kenntnis oder Zustimmung des „werbenden“ Dritten online gestellt hat, etwa eine Referenzierungswebseite die fremde Werbung auf die eigene Seite kopiert, „benutzt“ der in der Anzeige genannte Dritte die fremde Registermarke nicht im Sinne des Markenrechts. D.h. gegen den Dritten bestehen dann zum Beispiel keine markenrechtlichen Unterlassungsansprüche, auch wenn die Werbung letztlich auch ihm möglicherweise und jedenfalls aufgedrängterweise zu Gute kommt. Der EuGH führt deutlich aus:

„Zwar lässt sich die Veröffentlichung einer Werbeanzeige, die die Marke eines anderen nennt, auf einer Referenzierungswebsite dem Werbenden zurechnen, der diese Anzeige in Auftrag gegeben hat und auf dessen Anweisung der Betreiber dieser Seite als Dienstleister gehandelt hat (…), doch können dem Werbenden die Handlungen oder Unterlassungen eines solchen Dienstleisters nicht zugerechnet werden, wenn dieser sich absichtlich oder fahrlässig über die ausdrücklich vom Werbenden erteilten Anweisungen hinwegsetzt, die gerade darauf abzielen, diese Benutzung der Marke zu verhindern. Kommt der Dienstleister der Aufforderung des Werbenden, die fragliche Anzeige oder die in ihr enthaltene Nennung der Marke zu löschen, nicht nach, lässt sich daher die Veröffentlichung der Markennennung auf der Referenzierungswebsite nicht mehr als Benutzung der Marke durch den Werbenden qualifizieren (aaO, Rn. 34, Hervorhebung nicht im Original, Anm.).

Was zum anderen die Veröffentlichung der fraglichen Anzeige auf anderen Referenzierungswebsites für Unternehmen angeht, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass dieser Umstand mit der Praxis bestimmter Betreiber solcher Websites zu erklären sei, die – ohne Kenntnis oder Zustimmung der Werbenden – auf anderen Websites veröffentlichte Anzeigen wiedergäben, um ihre Website bekannt zu machen und den künftigen zahlenden Nutzern zu zeigen, dass es sich um eine bekannte Website mit einem vertrauenswürdigen Hintergrund handele (aaO, Rn. 35, Hervorhebung nicht im Original, Anm.).

Hierzu ist festzustellen, dass einem Werbenden selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Referenzierungswebsites, mit denen der Werbende keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht im Auftrag und für Rechnung des Werbenden, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen sind (aaO, Rn. 36, Hervorhebung nicht im Original, Anm.).“

Das Gericht wird dann aber inkonsequent, indem es den Rechtsgrundsatz Impossibilium nulla est obligatio („Nichts ist Pflicht bei Unmöglichkeit“) auslegt. Der Dritte verstößt nach dem Urteil zwar mangels „Benutzung“ nicht gegen markenrechtliche Bestimmungen, soll dem Markeninhaber aber dennoch ihren „wirtschaftlichen Vorteil rückerstatten“. Hier stellt sich zum einen die Frage nach der rechtlichen Begründung, da ein Leistungsanspruch als Grundanspruch des Gläubigers ja verneint wurde. Zudem ist dieser „Rückerstattungsanspruch“ unkonturiert und auch kaum zu beziffern. In der Praxis wird dieser „Rückerstattungsanspruch“ des aufgedrängten „wirtschaftlichen Vorteils“ wohl oft gegen Null tendieren oder nach nationalem deutschem Recht schon mangels Verschulden des Dritten ganz ausscheiden.

III. Folgen für die Praxis

Festzuhalten ist daher: Werbende, die Anzeigen mit fremden Marken selbst schalten oder durch Dienstleister schalten lassen, müssen wenn keine Berechtigung zur Markenbenutzung (mehr) vorliegt (etwa aus Vertrag oder wegen Erschöpfung des Rechts aus der Marke) grundsätzlich ausdrücklich die Betreiber der Anzeigenwebseite „auffordern“ (aaO, Rn, 34: „Aufforderung“) die Anzeige oder die in ihr enthaltene Nennung der Marke zu löschen. Im Falle selbständiger Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Referenzierungswebseiten, mit denen der Werbende keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht im Auftrag und für Rechnung des Werbenden, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, ist dem Dritten dieses Verhalten indes nicht zuzurechnen. Hinsichtlich des vom Gericht angesprochenen „Rückerstattungsanspruchs“ des aufgedrängten „wirtschaftlichen Vorteils“ bestehen noch Unklarheiten.

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